Franchise, Gesprächssituation,

Das muss Ihnen der Franchisegeber vor Vertragsabschluss sagen

Franchise, Gesprächssituation,

Vorvertragliche Aufklärungspflicht: Transparenz statt Streit

Der Franchisegeber darf in seiner Partner-Werbung keine falschen Versprechungen machen. Sonst drohen Regressansprüche und eine harte Belastungsprobe für das gegenseitige Vertrauen.

Von Dr. Eckhard Flohr

Mit seinem Urteil vom 16.09.1993 (NJW 1994, 667 f.) hat das OLG München zum zweiten Mal Aufmerksamkeit mit einer Entscheidung zum Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflichten eines Franchisegebers erregt, nachdem es sich bereits erstmals zu der Problematik mit Urteil vom 13.11.1987 (B 1988, 865 mit Anm. SKAUPY) geäußert hatte. Das OLG München hat seiner Entscheidung zwei Leitsätze vorangestellt, die zugleich die besondere Bedeutung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchisegebers unterstreichen, und zwar:

  • Der Franchisegeber muss den Franchisenehmer richtig und vollständig über die Rentabilität des Systems unterrichten.
  • Der Franchisegeber, der wegen der vorvertraglichen Aufklärungspflicht schadenersatzpflichtig ist, kann dem Franchisenehmer nicht als Mitverschulden engegenhalten, dass er leichtfertig den Anpreisungen des Franchisegebers vertraut hat.
  • Dieses Urteil stellt zwar eine wichtige Fortentwicklung in der Rechtsprechung zum Umfang der Schadenersatzverpflichtung des Franchisegebers nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo dar, doch darf diese Rechtsprechung nicht als Tendenzwende angesehen und so verstanden werden, daß nunmehr der Franchise-Geber Rentabilitätsgarantien zu geben hat, quasi sich für den Franchisenehmer der geschäftliche Erfolg nur aufgrund seiner Tätigkeit als Franchisenehmer einstellt. Der Franchise-Geber darf nur eins nicht, sein System in der Werbung und bei Verhandlungen mit dem Franchisenehmer erfolgreicher darstellen als es tatsächlich ist (vgl. Böhner, NJW 1994, 635 f.;Vom Dorp, WiB1995, 285 f.; Flohr, ZAP, Fach 6, 209, 226 f.).

Vergleicht man die vorvertraglichen Aufklärungspflichten im internationalen Vergleich, so zeigt sich, dass diese teilweise auf gesetzliche Verpflichtungen, teilweise aber auch auf Vorgaben der nationalen Franchiseverbände (Self Regulations) zurückgehen oder aber von der Rechtsprechung geformt worden sind. Eine gesetzliche Verpflichtung, den Franchisenehmer umfassend über das Franchisesystem und das Franchisebusiness zu unterrichten, gibt es u.a. in Australien, Brasilien, Frankreich, Kanada (Alberta und Ontario), Spanien und den USA. Auf einen Nenner gebracht, verlangen diese Gesetze, daß dem Franchisenehmer vor Vertragsabschluss folgende Informationen erteilt werden müssen:

  • wirtschaftlicher Hintergrund des Franchisegebers
  • Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten zwei Jahre
  • Umschreibung des Franchisebusiness und seiner Position auf dem Markt
  • Anforderungsprofil an den idealen Franchisenehmer des Systems
  • Franchisegebühren und Investitionen des Franchise-Nehmers
  • Liste der Franchisenehmer und Sub-Franchisenehmer
    Art der Unterstützung des Franchisegebers
  • umfassende Darstellung der gewerblichen Schutzrechte des Franchisegebers
  • Konsequenzen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung
  • Ablichtung des standardisierten Franchisevertrages

Entsprechende Verpflichtungen finden sich in den sog. Guidelines nationaler Franchiseverbände, wie etwa in: Großbritannien, Italien und den Niederlanden.

Die Rechtsprechung hat sich zunehmend mit der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten befaßt. Zu nennen sind hier die Urteile des OLG München vom 16.09.1993, des LG Hannover vom 11.04. 1995 und vom 12.12.1995 sowie eine Entscheidung des LG Hamburg vom 02.05.1995.

Allein die Vielzahl dieser Entscheidungen innerhalb der letzten Monate zeigt, daß die Rechtsprechung in Deutschland auch erkannt hat, wie wichtig es ist, den Franchisenehmer vor Vertragsabschluss richtig und vollständig über das Franchisesystem zu unterrichten, ohne dass es insoweit eine gesetzliche Vorgabe oder konkrete Empfehlungen des Deutschen Franchiseverbandes gibt.

Welchen Inhalt hatten nun diese Urteile? Beim Urteil des OLG München war der Franchisenehmer aufgrund einer Kleinanzeige auf das Franchisesystem aufmerksam geworden. Dort wurde u.a. auch für das Franchisesystem mit der plakativen Aussage: “Wenn Sie mit wenig finanziellem Aufwand viel Geld sicher verdienen wollen” geworben. In der alsdann übersandten Informationsbroschüre hieß es u.a.: “Diese Konzeption bzw. Studien- und Handbücher sind bis ins Detail durchdacht und absolut marktgerecht und zukunftsweisend und schließen durchaus Risikofaktoren aus.

“In der Broschüre wurde der monatliche Gewinn des Franchisenehmers “vorsichtig” mit 8.000 DM bis 15.800 DM vor Steuern geschätzt. Dieser Gewinn konnte vom Franchisenehmer, der sich mit der Produktion und dem Verkauf von bayerischen Spezialitäten, insbesondere Mehlspeisen im Heimservice, zu befassen hatte, zu keinem Zeitpunkt erzielt werden. Seiner Klage auf Schadenersatz in Höhe von 136.507,90 DM sprach das OLG München unter Hinweis auf unzureichende und nicht zutreffende vorvertragliche Aufklärungspflichten zu.

Nach dem Urteil des LG Hannover vom 11.04.1995 betrieb der beklagte Franchisegeber im Rahmen eines Franchisesystems den Verkauf eines Unternehmenskonzeptes zum Vertrieb sog. DNLA-Profile an kleinere und mittelständische Unternehmen. Dazu sollten mit Hilfe EDV-mäßig auszuwertender Fragebogensysteme sog. Gutachten durch den Franchisenehmer erstellte werden, die den Unternehmen bei der Entscheidung über neu einzustellende Stellenbewerber bzw. bei der Personalentwicklung unterstützen sollten.

Ein tragfähiges Know-how konnte nicht festgestellt werden, sodass das LG Hannover der Schadenersatzklage des Franchisenehmers in Höhe von 54.161,55 DM zusprach und zugleich zu den vorvertraglichen Aufklärungspflichten des Franchisegebers folgendes festhielt: “Deshalb wird verlangt, daß der Franchisegeber dem Franchisenehmer eine auf den bisherigen Erfahrungen des Systembetriebes beruhende Kalkulationsgrundlage unterbreitet, die dem Franchisenehmer seine voraussichtlichen arbeitsmäßigen und finanziellen Belastungen vollständig aufzeigt und ihn in die Lage versetzt, abschätzen zu können, welche über das als Einstandszahlung geleistete Startkapital hinaus anfallenden Aufwendungen eingerechnet werden müssen, wie der Zeitraum der Anfangsverluste in der Anlaufphase (Durststrecke) einzuschätzen ist und wie die Chance der Gewinnrealisierung reell beurteilt werden kann …”Das LG Hamburg hatte sich in seinem Urteil vom 02.05.1995 mit einem Franchise-Geber zu befassen, wonach Franchisenehmer Dienstleistungen in Form von Säuberungen von Computern erbringen und hierauf bezogene Reinigungsprodukte verkaufen sollten. Auch hier wurde der Schadenersatzklage des Franchisenehmers dem Grunde nach zugesprochen, weil kein tragfähiges Know-how des Franchise-Systems festgestellt werden konnte. Entscheidend an diesem Urteil ist aber, daß das LG Hamburg erstmals davon ausgeht, daß unter gewissen Umständen nicht der Franchisenehmer nachweisen muß, nicht genügend aufgeklärt worden zu sein, sondern umgekehrt der Franchisegeber die Verpflichtung hat, in der gerichtlichen Auseinandersetzung den Nachweis für eine umfassende Aufklärung des Franchisenehmers zu erbringen. Insoweit heißt es in dem Urteil: “…

Da eine Pflichtverletzung angesichts der von den Klägern vorgebrachten und von der Beklagten nicht entkräfteten Anknüpfungstatsachen zumindestens plausibel erscheint, ist es sachgerecht, von der Beklagten als Franchisegeberin den Nachweis der Richtigkeit ihrer Angaben zu fordern. Dies ist der Beklagten auch ohne weiteres zumutbar. Denn allein sie ist in der Lage, den insoweit für die Beurteilung der Richtigkeit ihrer Angaben relevanten Sachverhalt vorzutragen.

“Auf der gleichen Linie liegt das Urteil des LG Hannover vom 12.12.1995. Hier hatte sich der beklagte Franchise-Geber verpflichtet, dem Franchise-Nehmer die Möglichkeit zu eröffnen, als Self-Manager auf Zeit tätig zu sein, wobei bei den Vorgesprächen bei dem beklagten Franchisenehmer der Eindruck auf hohe Gewinne erweckt wurde, die durch eine vorgelegte “Beispielrechnungsumsatzvorschau” und eine “langfristige Erfolgsbetrachtung der Marketing- und Vertriebsmethode” belegt wurden. Auch hier konnte das Gericht kein Know-how feststellen und hielt u.a. zum angeblichen Know-how-Transfer des beklagten Franchisegebers folgendes fest: “Die ersten beiden Seiten der Darlegung der Methode des Franchisegebers besagen nur, was das System bewirken soll und was durch die Anwendung der Methode erreicht werden soll. Wie dies alles im einzelnen geschehen soll, wird nicht ausgeführt. Auch die drei folgenden Seiten bringen nichts Konkretes, sondern preisen nur die “revolutionierende Erfolgsmethode, die eine komplette Bedienungsanleitung für dauerhaftes erfolgreiches Verkaufen” darstellen soll…”

Die Frage nach den Aufklärungspflichten des Franchisegebers ist aber nicht nur eine Frage nach dem Inhalt und den Grenzen dieser Aufklärungspflichten, sondern auch eine solche danach, wann diese Aufklärungspflichten des Franchisegebers einsetzen.

Die Aufklärungspflichten setzen bereits ein, wenn der Franchisegeber gegenüber einem potentiellen Franchise-Nehmer im einzelnen das Franchisesystem darstellt, sei es nun, dass die Parteien aufgrund einer Zeitungsanzeige und dem Franchisenehmer übersandten Informationsmaterial in geschäftlichen Kontakt treten oder etwa ein Gespräch im Rahmen einer Franchisemesse geführt wird.

Erst recht muss dies gelten, wenn die Parteien in konkrete Vertragsverhandlungen miteinander eintreten und damit für den Franchisegeber deutlich wird, daß der Franchisenehmer auch bereit ist, den Schritt in die unternehmerische Selbständigkeit zu wagen. Hier müssen umfassende Informationen dem Franchise-Nehmer zur Verfügung gestellt werden, damit dieser nicht nur die Rentabilitätaussichten beurteilen, sondern auch einen Liquiditätsplan aufstellen und Finanzierungsverhandlungen mit den Banken führen kann.
Welchen Umfang haben nun die vorvertraglichen Aufklärungspflichten? Geht man vom Ehrenkodex des Deutschen Franchiseverbandes aus, so wird der Umfang der vertraglichen Aufklärungspflichten wie folgt umschrieben.

  • Werbung für die Gewinnung von Franchisenehmern soll ohne Zweideutigkeiten und ohne irreführende Angaben erfolgen;
  • alle Angaben und jedes Werbematerial zum Zwecke der Franchisenehmer-Gewinnung, die direkt oder indirekt auf den einzelnen Franchisenehmer zu erwartende, in Zukunft mögliche Ergebnisse, Zahlen und Verdienste eingehen, haben sachlich richtig und unmißverständlich zu sein;
  • um es den angehenden Franchisenehmern zu ermöglichen, jede bindende Abmachung in voller Kenntnis der Sachlage zu treffen, wird ihnen innerhalb einer angemessenen Frist vor der Unterzeichnung dieser bindenden Abmachung ein Exemplar des gültigen Verhaltenskodex sowie eine vollständige und genaue schriftliche Offenlegung aller für das Franchise-Verhältnis wichtigen Informationen und Unterlagen übergeben werden.

Jedoch dürfen auch keine übertriebenen Anforderungen an die Aufklärungspflicht gestellt werden. Dieser sind Grenzen gezogen. Andernfalls bleibt nämlich unberücksichtigt, daß auch der Franchisenehmer bei der Entscheidung für ein bestimmtes Vertriebssystem ein unternehmerisches Risiko eingeht. Wenn er dabei selbst den Good-will des Systemproduktes überschätzt hat, darf er sich nicht später beim Scheitern seiner Vertriebsbemühungen im Regresswege an die Systemzentrale halten. Versucht man, die Aufklärungspflicht des Franchisegebers auf einen Punkt zu bringen, so gilt folgender Satz als Leitlinie: Der Franchisegeber muss den Franchisenehmer richtig und vollständig über das Franchisesystem unterrichten – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Dr. Eckhard Flohr, Düsseldorf, ist Franchise-Spezialist, Mitglied der E.F.LAW und Dozent an der FH Dortmund.

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