Strategie für Vertrieb

Franchising und andere Vertriebsformen – So grenzen sie sich ab

Strategie für Vertrieb

Von Mag. Waltraud Frauenhuber

Franchising wird oft als “die modernste Vertriebsmethode” bezeichnet. Was zeichnet aber diese Partnerschaft für den gemeinsamen, wirtschaftlichen Erfolg aus. Wie kann man Franchising gegenüber anderen Vertriebsmethoden abgrenzen?

Maßgeblich ist heute der Begriff des Franchising aus dem Verhaltenscodex des Europäischen Franchiseverbandes (EFF):

Franchising ist ein Vertriebssystem, durch das Waren und/oder Dienstleistungen und/oder Technologien vermarktet werden. Es gründet sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit rechtlich und finanziell selbständiger und unabhängiger Unternehmen, den Franchisegeber und seine Franchisenehmer. Der Franchisegeber gewährt seinen Franchisenehmern das Recht und legt ihnen gleichzeitig die Verpflichtung auf, ein Geschäft entsprechend seinem Konzept zu betreiben. Dieses Recht berechtigt und verpflichtet den Franchisenehmer, gegen ein direktes oder indirektes Entgelt im Rahmen und für die Dauer eines schriftlichen, zu diesem Zweck zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchisevertrages bei laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den Franchisegeber den Systemnamen und/oder das Warenzeichen und/oder die Dienstleistungsmarke und/oder andere gewerbliche Schutz- und Urheberrechte sowie das Know-how, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftsordnungssystem des Franchisegebers zu nutzen.”

Somit unterscheidet sich Franchising von anderen ähnlichen Vertriebsarten hinsichtlich Ausmaß sowie Intensität der Kooperation als auch in rechtlichen und organisatorischen Belangen wie folgt:

Vertragshändlersystem

Das Vertragshändlersystem ist kein detailliert geregeltes, einheitliches Organisationssystem. Im Vordergrund steht der Warenvertrieb. Der Hersteller besitzt keine Kontrollrechte. Im Vergleich zum Vertragshändler ist der Franchisenehmer stärker in das System eingebunden. Das Franchisesystem zeichnet sich durch ein wesentlich strafferes Management-, Organisations-, Marketing- und Werbekonzept aus.

Handelsvertreter-, Agentursystem

Der Handelsvertreter bzw. der Agent ist für einen oder mehrere Hersteller – im fremden Namen und auf fremde Rechnung – gleichzeitig tätig. In der Regel bringen sie kein eigenes Kapital ein und sind nicht an Verlusten beteiligt. Das heißt sie tragen kein eigenes Warenrisiko. Als selbständiger Unternehmer vermittelt der Franchisenehmer keine Geschäfte, sondern handelt in eigenem Namen und auf eigene Rechnung.

Lizenzverträge

Lizenzverträge überlassen dem Lizenznehmer die Nutzungsrechte von gewerblichen Schutzrechten (Marke, Patent, Name usw.). In der Regel handelt es sich dabei um eine patentgeschützte Erfindung. Der Einfluß des Lizenzgebers auf den Lizenznehmer ist sehr begrenzt. Lizenzsysteme haben weder ein eigenes Dienstleistungs- noch ein eigenes Marketingkonzept. Das Franchisesystem hingegen besitzt zum Beispiel ein einheitliches Marketingkonzept, das wesentlich zu einer Bindung aller Beteiligten an das System beiträgt und den einheitlichen Marktauftritt nach außen gewährt.

Filialsystem

Bei einem Filialsystem vertreibt der Hersteller oder Großhändler seine Waren bzw. Dienstleistungen über seine eigenen Außenstellen. Diese Außenstellen sind rechtlich nichtselbständige Organe. Das bedeutet, die Mitarbeiter in den Filialen sind Dienstnehmer des Herstellers (der Zentrale). Gleich am Franchisesystem und am Filialsystem sind ein einheitlicher Marktauftritt und die arbeitsteilige Zusammenarbeit. Anders ist es mit dem Weisungs- und Kontrollrecht. Im Filialsystem hat die Zentrale viel umfangreichere Rechte.

Von außen betrachtet sind beide Systeme kaum zu unterscheiden. In der Praxis sind sie oft auch in einem Gesamtsystem nebeneinander vertreten, wie zum Beispiel bei Palmers. Die beiden Vertriebsformen unterscheiden sich darin, dass im Gegensatz zum Franchisenehmer der Filialleiter nicht rechtlich selbständig, sondern Angestellter in der firmeneigenen Absatzorganisation ist.

Kooperation/Genossenschaft

Kooperation und Genossenschaft haben horizontalen Charakter, d.h. es kooperieren Partner derselben Wirtschaftsstufe miteinander. Die Verbindung zwischen den einzelnen Genossenschaftern besteht darin, gleichzeitig Mitglieder und Kunden der Genossenschaft zu sein. Dies ist sehr lose.

Die Genossenschaft hat kein Überwachungs- und Weisungsrecht. Ebenso fehlt das straffe Vertriebskonzept. Aufgrund dieser Mängel wird häufig die Umwandlung in ein Franchisesystem angestrebt (zum Beispiel Funkberater).

Franchisesysteme sind vertikale Kooperationen. Das bedeutet, es besteht eine vertragliche Regelung zwischen dem Franchisegeber und dem Franchisenehmer. Dies regelt, dass der Franchisegeber dem Franchisenehmer in bestimmten Bereichen gewisse Vorgaben machen darf, die zum Schutz und zur Gewährleistung des unternehmerischen Erfolgs des Franchisenehmers dienen.

Kommissionssystem

Der Kommissionär ist ein selbständiger Kaufmann. Er kauft und verkauft Waren im eigenen Namen und auf fremde Rechnung. Dadurch unterscheidet er sich in rechtlicher Hinsicht deutlich von einem Franchisenehmer.

Vertragshändlersystem

Ein Vertragshändler hat das Recht, die vom Vertragspartner hergestellten und vertriebenen Produkte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu verkaufen. Er ist in die Verkaufsorganisation des Lieferanten eingegliedert und muss dessen Interessen wahrnehmen. Oft wird auch ein Alleinvertriebsrecht des Vertragshändlers vereinbart. Jedoch fehlt dem Vertragshändler zumeist das straffe Organisations- und Marketingkonzept von Franchisesystemen.

Alleinvertriebsvertrag

Im Rahmen eines Alleinvertriebsvertrages überträgt ein Lieferant seinen Abnehmern die Befugnis, Vertragswaren innerhalb eines bestimmten Gebietes zu vertreiben und setzt dort keinen anderen Vertragshändler ein. Obwohl Alleinvertriebsvereinbarungen Bestandteil von Franchiseverträgen sein können, machen sie noch kein Franchising aus. Es fehlt ihnen das einheitliche Organisations-, Vertriebs- und Kontrollsystem des Franchising.

Depotsystem

Im Depotsystem verpflichtet sich ein Depotgeber gegenüber seinen Depositären, zum Beispiel Fachhändlern, die Vertragswaren nur an sie zu liefern. Die Depositäre erhalten vielfach Gebietsschutz und haben die Verpflichtung, das ganze Sortiment oder einen bestimmten Teil des Sortiments des Depotgebers zu führen. Der Depotgeber verpflichtet sich oft zur Rücknahme der nicht verkauften Waren. Die Bezahlung durch den Depositär erfolgt meist parallel zum Verkauf. Der Depositär hat somit häufig weder ein Lagerrisiko noch eine Kapitalbindung.

Depotsysteme können mit Franchisesystemen kombiniert werden, doch fehlt auch ihnen die umfassende Kooperation innerhalb von Franchisesystemen.

Mag. Waltraud Frauenhuber ist Vizepräsidentin des Österreichischen Franchiseverband und Inhaberin der Syncon Marketing & Kooperation Beratungsgesellschaft mbH, Salzburg

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