Brille, Notizblock, Vertrag, Tisch

Formvorschriften des Franchisevertrages

Brille, Notizblock, Vertrag, Tisch

Die Gestaltung eines Franchisevertrags wirft nicht nur inhaltlich viele Probleme auf. Die schriftliche Ausfertigung verlangt ebensoviel Aufmerksamkeit. Wenn die Parteien dabei wichtige Grundsätze außer acht lassen, kann ein Franchisevertrag rechtlich unwirksam werden.

Von Andrea Maria Wessels

Wirksam erst nach Unterschriften


Die meisten Franchisevertrag werden abgeschlossen, damit der Franchisenehmer Waren des Systemanbieters vertreibt. So hat laut dem Jahrbuch Franchising 1992 eine empirische Untersuchung ergeben, dass bei 70 Prozent aller Verträge auch eine Warenbezugsbindung vereinbart wird: Der Franchisenehmer verpflichtet sich darin, dem Franchisegeber in gewissem Umfang bestimmte Waren abzunehmen. Deshalb unterliegt ein solcher Franchisevertrag meistens dem Verbraucherkreditgesetz und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und bedarf der gesetzlichen Schriftform.

Daraus ergeben sich mehrere Konsequenzen: Ein Briefwechsel zwischen dem Franchisegeber und dem künftigen -Nehmer über eine geschäftliche Einigung ist meistens noch kein wirksamer Abschluss eines Franchisevertrags. Erst wenn beide Parteien ihn auf einer Urkunde unterschreiben beziehungsweise jeder die gleichlautende Urkunde des anderen signiert, ist dieser Vertrag nach den Buchstaben des Gesetzes wirksam. Unterschreiben beide Parteien am Ende eines nicht selten 20 oder 30 Seiten langen Franchise-Vertrags, so entspricht dies den Vorstellungen des Gesetzgebers. In dem Vertrag muß aber, nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Urkunde, die Zusammengehörigkeit der einzelnen Blätter klar erkennbar sein. Dies kann durch eine fortlaufende Nummerierung des Textes, durch Seitenzahlen oder durch die Gliederung geschehen. Die Einheitlichkeit der Urkunde kann auch dann gewahrt sein, wenn die einzelnen Blätter so zusammengeheftet sind, daß sie nicht ohne weiteres auseinandergenommen werden können.

Anlagen bedürfen besonderer Sorgfalt


Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit müssen bei einem formbedürftigen Rechtsgeschäft Anlagen von den Vertragsparteien mit besonderer Sorgfalt behandelt werden. Es gibt zwei Arten von Anlagen:

  • Anlagen, die nicht unterschrieben werden, etwa Kopien einer Landkarte zur Festlegung des Vertragsgebietes;
  • Anlagen, die von beiden Parteien unterschrieben werden, etwa Zusatzvereinbarungen zum Franchisevertrag.

Letztere sollten in jedem Fall den Vermerk “Anlage Nr. 1 zum Franchisevertrag vom … zwischen …” tragen. In diesem Fall ist es nicht zwingend notwendig, daß die Anlage mit dem Franchisevertrag zusammengeheftet ist.

Anders verhält es sich bei Anlagen, die nicht unterschrieben werden. Sie müssen so mit dem Franchisevertrag verbunden sein, dass sie nur mit Gewalt oder Substanzzerstörung wieder abgetrennt werden können. Bei nachträglichen Änderungen oder Ergänzungen empfiehlt es sich, auf den Franchisevertrag mit Datum und Angabe der Parteien deutlich Bezug zu nehmen, die zu ändernden Bestimmungen unmißverständlich zu benennen und klar zu formulieren, was nun geändert werden soll.

In aller Regel wird der Franchisegeber ein Vertragswerk von einem Experten anfertigen lassen, das in gleichem Wortlaut allen zukünftigen Franchisenehmern vorgelegt wird. Häufiges Problem: Für individuelle Merkmale im vorformulierten Text werden Lücken offengelassen, die die Parteien bei Vertragsunterschrift handschriftlich ausfüllen müssen. In der Euphorie einer zukünftigen, fruchtbaren Zusammenarbeit vergessen einige Unternehmer, wie wichtig es ist, hier sorgfältig Wort für Wort des Vertrags mit dem Partner durchzugehen und Lücken rechtswirksam zu schließen. Einige Beispiele sollen verdeutlichen, welche Konsequenzen Unachtsamkeiten haben können.

Standort muss vorab festgelegt sein

In den meisten Fällen wird ein Franchisevertrag für einen bestimmten Standort abgeschlossen. Handelt es sich um ein Waren-Franchising mit Bezugsbindung, und enthält der Vertrag die Bestimmung, daß ein bestimmter Standort für den Vertragsabschluss zwingend vorausgesetzt wird, muß der Standort im Vertrag dokumentiert sein. Das Kammergericht Berlin hat bereits in einem entsprechenden Fall entschieden, dass der gesamte Vertrag unwirksam ist, wenn der Standort im Wortlaut nicht eindeutig bestimmt ist. Es darf aber keineswegs der Standort mit dem Vertragsgebiet verwechselt werden. Der Standort kann nur das Ladenlokal oder das Büro sein, in dem der Franchisenehmer sein Gewerbe ausüben soll. Der Standort muss dementsprechend mit der vollständigen Adresse bezeichnet werden. Hier einfach ein Vertragsgebiet, etwa München, einzutragen ließe den Vertrag unwirksam werden.

Liegt der Standort noch nicht fest, wird in den meisten Fällen ein Vorvertrag abgeschlossen. Der Abschluss eines Franchisevertrags empfiehlt sich in diesem Fall nicht – es sei denn, daß der Standort des Ladenlokals keine tragende Bedeutung für den Bestand des Vertrages hat. Dabei gibt der Franchisegeber allerdings sein Mitspracherecht aus der Hand und muß in Kauf nehmen, dass der Franchisenehmer eventuell einen ungeeigneten Standort wählt, der Vertrag für diesen Standort aber dennoch formwirksam ist.

Eine solche Vereinbarung können die Vertragsparteien treffen, wenn die Laufzeit eines Wettbewerbsverbots nach Vertragsende auf zwei Jahre, nach der EG-Gruppenfreistellungsverordnung für Franchiseverträge auf ein Jahr begrenzt ist. Haben die Parteien kein Vertragsgebiet festgelegt, muss trotzdem ein räumlicher Bereich vereinbart werden, für den das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt. Dies könnte zum Beispiel ein Radius von 30 Kilometern um den Standort des Franchisenehmers sein. Ist in einem vorformulierten Vertragstext eine Lücke für den Umfang des Wettbewerbsverbots vorgesehen, müssen beide Urkunden den gleichen Radius enthalten. Sonst gilt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot als nicht vereinbart.

Vorsicht bei der Handbuch-Übergabe

Handbücher sind wesentlicher Bestandteil des Franchisevertrags. Sie sollen dem Franchisenehmer die Betriebsführung erleichtern und formulieren die Vertragsbestimmungen im Detail aus. Ein Problem erwächst hier aus der Widerrufsfrist von einer Woche. Entsprechend dem Verbraucherkreditgesetz hat der Franchisenehmer bei einem Vertrag mit Warenbezugsbindung die Möglichkeit, innerhalb einer Woche nach Übergabe der Widerrufsbelehrung den Vertrag zu widerrufen – mit der Folge, daß der Vertrag nicht wirksam zustande gekommen ist. Überläßt der Franchisegeber seinem neuen Partner aber bereits bei Vertragsabschluss die Handbücher, gibt er die wesentlichen Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse aus der Hand – obwohl der Vertrag gar nicht zustande kommt. Deshalb ist es nicht ratsam, die Handbücher vor Ablauf der Widerrufsfrist auszuhändigen.

Weiterführende Artikel